Amüsante Zeitreise durch 750 Jahre Ortsgeschichte

 

„Ich bin ein Spinner, ein Träumer, ein Visionär – jetzt ist es wahr geworden!“ Nicht nur der Vorsitzende des Kulturrings Rainrod, Hans Georg Lippert, war sichtlich bewegt, als er den Festabend anlässlich der 750-Jahr-Feier im Festzelt eröffnete – 1000 Gäste waren gekommen. Mit den Aktiven seines Vereins hatte er zwei Jahre auf diesen Moment hin gearbeitet.

Die Festpaare 750 Jahre Rainrod

Mehr noch: Bürgerinnen und Bürger gestalteten seit Mai das Programm des Jubiläumsjahres aus eigener Kraft, ohne Promis und klangvolle Namen von außen. Von den kraftvollen Schmiedeleuten (Neubaugebiet) bis zu den „Handwerkern von einst“ (Uferstraße) kamen die Anlieger in historischer Kleidung ins Zelt – nur ein kleiner Vorgeschmack auf das, was die Straßen beim Stehenden Festzug des Sonntags boten. Dann zogen die Festpaare ein und eröffneten mit einem effektvollen Tanz: die Herren in Schwarz, die bildhübschen Damen in Türkis mit Glitzereffekten auf Kleidern und Hochfrisuren.

Abwechselnd begrüßten „Herold“ Hans Georg Lippert und „Bauer der alten Zeit“ Ortsvorsteher Horst Lind die Ehrenngäste: den Schirmherrn Henn-Wolfram Freiherrn von Riedesel zu Eisenbach, Landrat Rudolf Marx, die Landtagsabgeordneten Manfred Görig und Kurt Wiegel, Bürgermeisterin Susanne Schaab und weitere Mitglieder des Kreistages, der städtischen Gremien, der Banken, Kirchen und Bildungseinrichtungen sowie eine Delegation der befreundeten Feuerwehr aus Ulmenfeld-Hausmennig in Niederösterreich. Die neuen Adressen von 380 ehemals in Rainrod wohnenden Bürgern hatte man für Einladungen ausfindig gemacht, etliche von ihnen waren gekommen.

Der Schirmherr

Gerne hatte sich der Lauterbacher Jurist Henn-Wolfram Riedesel Freiherr zu Eisenbach bereit erklärt, die Schirmherrschaft des Festes zu übernehmen. Sein Vorfahre Hermann Ritter zu Riedesel hatte als Pfandherr von Schotten 1435 das wüst gefallene Dorf Rainrod wieder besiedeln und – Strukturförderung von damals – eine Mühle und eine Schmiede dort erbauen lassen. Der Schirmherr warf ein Schlaglicht auf diese spätmittelalterlichen Ereignisse und lobte das Interesse der Rainröder an ihrer Vergangenheit: „Nur was tief wurzelt, kann hoch wipfeln.“ Die Spende elektronisch, gute Wünsche per Handschlag mit Lippert – auch Freiherr Riedesel schlug einen Bogen zwischen Mittelalter und Neuzeit. Die Glückwünsche der Kreisgremien überbrachte Landrat Rudolf Marx und übergab ein farbenfrohes Bauerngarten-Bild der Grebenhainer Malerin Ellen Christ. Marx: „Rainrod ist etwas Besonderes, nur noch ein zweiter Vogelsbergort hat die Filialschule wie hier direkt im Dorf.“ Namens des Hessischen Innenministers konnte der Landrat fünf Bürger mit Landesehrenbriefen auszeichnen (siehe unten stehender Artikel). Bürgermeisterin Susanne Schaab lobte das Wir-Gefühl der Rainröder, die Grundlage der Kreativität, mit der das Fest gestaltet wurde, und hob zugleich die Einbettung in die Großgemeinde hervor. Gute Wünsche der Landtagsabgeordneten Görig und Wiegel sowie des „guten Nachbarn“ Ludwig Fritzges, der für die Ortsvorsteher der Großgemeinde sprach, beendeten diesen Block.

 

„Sie sind nicht leicht zum Tanzen zu bringen“ stellte Moderator Lippert fest. Dann erwies sich der Tanz der Festherren in Tarnhosen und Muskel-T-Shirts zu Billy Joels „We didn‘t start the fire“ als hinreißendes Spektakel, von den Zuschauern mit begeistertem Applaus quittiert. „Viele von ihnen sind noch zu haben, schon wegen der Schule müssen wir doch die 1200-Einwohnermarke halten…“, warb Lippert pfiffig für Rainrods Zukunft.

die Hochzeitsgesellschaft

Zeitreise 132 Jahre zurück: Ehrenvorsitzender Hans Stein als Lehrer Wilhelm Strack, Pfarrer Dr. Peter Möser als sein Amtsbruder Karl Römer gründeten in einer Spielszene den Männergesangverein. Die Sänger trugen den sehr getragenen Chorsatz von damals, „Heimatglocken“, vor und dann den deutlich fetzigeren „Fliegermarsch“. Elena Rahouskaja dirigierte.

Schwarzlicht verwandelte mehrere Pyramiden der TV-Turnerinnen und -Turner in lebende Ornamente. Als hinreißend kesse Piratinnen zeigten sich die Festdamen bei ihrem Tanz. Ein Projektchor, begleitet von Elke Emmel (Keyboard), Annebärbel Hilbrich und Alfred Svoboda (Gitarren) trug zwei selbst getextete neue „Rainröder Nationalhymnen“ vor. „Es springt net aa“ mussten Hans Georg Lippert und Hans Georg Meisinger bei einem heiteren Mundartlied mit ihrem Fahrrad feststellen. Dann spielte die Band „Telstar“ bis tief in die Nacht hinein zum Tanz auf.

Quelle: Amüsante Zeitreise durch 750 Jahre Ortsgeschichte (Kreis-Anzeiger, 29.08.2011)