Ein Automat fürs Bienenfutter

Wieder haben die NaKuKids aus der Kindergruppe des Kulturrings Rainrod mit den Erwachsenen etwas Neues auf den Weg gebracht: einen Bienenfutterautomaten. Er steht am Rand der Wildblumenwiese schräg gegenüber vom Bürgerhaus an der Abzweigung Weißbachstraße. Viel Überlegung ist dabei: So bunt, so artenreich wie diese Wiese können bald in Rainrod viele Gärten, viele Wiesenränder sein. Aus dem Automaten können interessierte Gartenfreunde kleine Metallkapseln mit Samen ziehen und diese auf vorbereiteten Flächen ausstreuen. Die leeren Kapseln bringen sie in eine Sammelbox am Automaten zurück. Noch mehr Nachhaltigkeit: Die Kapseln werden in einer Behinderteneinrichtung gesäubert und neu befüllt.
 
Nach kurzer Zeit wachsen auch in Rainrod auf den neu gesäten Flächen Klee, Flockenblumen, Klatschmohn, Hahnenfuß und Duftkräuter wie Dost, Wiesenknopf und Fenchel. „Nur“ weil es hübsch aussieht? Den NaKukids und den Ideengeberinnen Manuela Vogt und Martina Fritz geht es um Futterquellen für Bienen, Hummeln, Schmetterlinge, Schwebfliegen und mehr, um eine Aktion gegen den Verlust an Insekten, gegen das Artensterben. Die Idee mit der Wildblumenwiese kam von Manuela Vogt, der Plan mit dem Automaten von Martina Fritz, die ihn spendete. Beide Mütter haben Kinder bei den NaKuKids und sorgten für die Erstbefüllung des Automaten. Einen Aufsteller mit Infowand bauten der Zimmermeister Paul Lakewand und der Schreinermeister Manfred Böhler, das gesamte Material spendete die Zimmereifirma Lakewand.
 
Auch ein Infokasten gehört dazu, in dem die NaKuKids Bilder, Basteleien, Nachrichten aushängen können. Das wissen schon alle aus der Gruppe: „Umweltschutz nützt Tieren und Menschen. Wenn es genug Insekten gibt, werden Pflanzen bestäubt und die Obstbäume haben Früchte! Wir gucken auch, wo wir mal Insektenhotels aufstellen können.“ Naturschutzflächen haben ihre eigenen Voraussetzungen. „Wer hier englischen Rasen erwartet, wird enttäuscht. Hier wächst und blüht es wild“, macht Manuela Vogt deutlich.
 

Nidda-Stausee: „Mauer kann nicht weggespült werden“

Neues Format: Bei der Dorf-Talk-Premiere in Rainrod steht Talsperrenmeister Armin Hudetz Rede und Antwort. Dabei hat er viele Infos über und rund um den See parat.
 
 
RAINROD – Es war an einem Freitagabend nach zehn Uhr. Hans-Georg Lippert saß gerade im Wohnzimmer auf der Couch und schaute Fernsehen. Freitagabend? Natürlich Talk-Show-Time. Auch Hans-Georg sah sich eine dieser vielen Gesprächsrunden an, in der die Moderatoren besondere Gäste einladen, um mit ihnen über deren Geschichten oder ein Thema zu reden, das mit diesen eng verbunden ist. Noch während Lippert zuschaute, dachte er: „Das muss doch nicht immer im Fernsehen sein, das geht doch bestimmt auch live. Auch in Rainrod und Umgebung gibt es viele Menschen mit interessanten Geschichten.“ Und wer Hans-Georg Lippert, den Vorsitzenden des Kulturrings Rainrod, kennt, der weiß, dass es bei ihm nicht nur beim Denken bleibt. Lippert ist ein Macher, er packt an. Seine Gedanken gingen weiter: Talk-Show, eine Gesprächsrunde in Rainrod? Warum eigentlich nicht? Geht vielleicht auch kleiner, einfach ein Gespräch zwischen Moderator und Gast im Dorf, genauer im Bürgerhaus, also ein Dorf-Talk. Die Idee war geboren. Nach einer gewissen Vorbereitungszeit saßen sich jetzt erstmals Hans-Georg Lippert als Moderator und Armin Hudetz, Talsperrenmeister am Nidda-Stausee, im Bürgerhaus gegenüber.
Hudetz ist zuständig für alles, was mit dem Stauwerkbau zu tun hat wie beispielsweise die Wasserabgabe oder die Messeinrichtungen des Stauwerks, ebenso für den Bereich neben und unter der Wasseroberfläche. Zudem bietet Hudetz regelmäßig Führungen durch den Staudamm an. Seine Aufgaben orientieren sich überdies an dem Wasserwirtschaftsplan für die Talsperre. Armin Hudetz‘ Vater, ein gelernter Schiffsbauingenieur, war der erste Stauseewärter der Niddatalsperre. Seit 1998 ist Armin Hudetz der zuständige Staumeister.
 
 
Wie kam die Idee zum Bau der Niddatalsperre? Im Gespräch zwischen Lippert und Hudetz wurde klar, dass dieses Vorhaben einen längeren Reifungsprozess durchlief. Mit ein Auslöser für die Entscheidung dafür war das Jahrhunderthochwasser, das am 23. Dezember 1967 die Einwohner von Rainrod heimsuchte. Schon gegen Ende des 19. Jahrhunderts gab es aufgrund häufiger Überschwemmungen von Feldern und Wiesen an der Nidda die ersten Pläne dafür. Von 1888 bis etwa 1959 bestand die Eisenbahnlinie bis Schotten. Nach deren Aufgabe gründete sich der Wasserverband Nidda, und die Planungen wurden aufgenommen.
Der Nidda-Stausee, von 1968 bis 1970 errichtet, diene neben den touristischen und ökologischen Aspekten im Besonderen dem Hochwasserschutz und der Niedrigwasseranreicherung in der Nidda. „Es ist schon erstaunlich, dass mit den im Vergleich zu heute noch relativ einfachen Baumaschinen und -fahrzeugen innerhalb von nur zwei Jahren der Stausee gebaut werden konnte“, sagte Hudetz.
Ein Problem sei es anfangs gewesen, den Stauseeboden dicht zu bekommen, da das Vulkangestein sehr wasserdurchlässig sei. Abhilfe konnte damals mit Lehm aus dem benachbarten Gierbachtal geschaffen werden. Lehm habe eine starke Dichte. Heutzutage verwende man zur Abdichtung des zerklüfteten Stauseegrunds ein Zement-Bentonit-Gemisch, das durch Injektionsarbeiten in den Boden eingebracht werde und dauerhaft abdichte.
 
 
Der Stausee habe ein Fassungsvermögen von sieben Millionen Kubikmetern, dessen Erstellung habe ungefähr 13,8 Millionen Mark gekostet. Die geplante Eicheltalsperre im Gebiet zwischen Eichelsachsen und Eichelsdorf hätte doppelt so groß werden sollen. Letztlich wurde aber ein Rückhaltebecken vor Eichelsdorf errichtet.
Die Arbeiten rund um den Stausee im Rahmen des Hochwasserschutzes seien sehr komplex, alles müsse ständig überwacht werden. „Ich lese viel darüber. Zum Beispiel bei dem aufgrund der Sanierungsarbeiten an der Staumauer notwendig gewordenen Wasserablassen im letzten Jahr konnte ich nicht nur einmal schnell den Stöpsel ziehen“, sagte der gelernte Maschinenbautechniker. Da stecke etwas mehr dahinter.
Unterhalb der landseitigen Dammböschung befindet sich im Auslauf eine Messstrecke, um die Fließgeschwindigkeit des ablaufenden Wassers zu überprüfen. Dass diese möglichst nicht zweckentfremdet werden sollte, hatte auch Lippert schon vor Jahren selbst erfahren. „In der Nähe der Messstrecke fand ein Grillnachmittag statt. Um das mitgebrachte Bier zu kühlen, kam ich als junger Mann auf die Idee, die Kästen einfach in den Wasserablauf vom Stausee zu stellen“, so Lippert. „Die Folge war, dass die Messdaten über den Wasserabfluss wesentlich beeinträchtigt wurden – und mein Vater damals wegen dieses Vorfalls zur Rede gestellt wurde.“
„Der Stausee dient neben dem Hochwasserschutz auch als Naherholungsgebiet und zur Förderung des Tourismus, aber was noch wichtiger ist: Er lebt!“, sagte Armin Hudetz. Im Stausee tummelten sich viele Fischarten. Inseln mit Pfählen und sogenannte im Boden verankerte Laichpyramiden aus Zweigen und Gehölz als Schutz vor Fressfeinden seien im vergangenen Jahr während der „wasserfreien“ Sanierungszeit im Schutzgebiet des Stausees geschaffen worden, um die Lebensbedingungen für die Fische zu verbessern. „Mit einer Talsperre sind nicht nur technische Aufgaben zu erfüllen. Eine wichtige Aufgabe ist es auch, biologische Diversität zu schaffen, indem wir uns um die Fische kümmern, Insekten schützen durch die Schaffung von Blühstreifen, einfach etwas für die Natur tun. Ökologisch sind wir mit dem Nidda-Stausee auf einem sehr guten Level.“
Probleme für das natürliche Gleichgewicht könnten entstehen etwa durch ausgesetzte amerikanische Krebse, die die vorhandenen Edelkrebse verdrängten. Oder durch Springkraut, das einige bereits vorhandene Pflanzen gefährde. Am oberen Ende des Stausees, am angrenzenden Teich, hätten sich auch Biber und Nutrias niedergelassen, die man tagsüber aber kaum zu sehen bekäme. Biber ernährten sich von allen möglichen Gehölzen, die dabei teilweise auch zerstört würden. Wie sich im Nachhinein zeige, war es die richtige Entscheidung, trotz der Staudammsanierung nicht alles Wasser abzulassen, so Hudetz. Es seien so gut wie keine Fische verendet „und das ökologische Gleichgewicht konnte erhalten werden“.
Der Stausee sei für 200-jährigen Hochwasserschutz geschaffen worden. „Solche Schutzeinrichtungen sind für unsere Kulturlandschaften sehr wichtig“, ergänzte Hudetz. „Kann die Staumauer brechen?“ lautete die anschließende Frage von Lippert. „Nein. Die Mauer wurde so gebaut, dass sie durchströmbar ist, aber sie kann nicht weggespült werden“, so die Antwort von Hudetz.
„Die Stadt Frankfurt braucht 50 Millionen Kubikmeter Wasser. Wenn der Stausee voll ist, umfasst er 7 Millionen Kubikmeter Wasser. Aus dem Vogelsberg werden 35 Millionen Kubikmeter Wasser nach Frankfurt geliefert. 15,2 Millionen Kubikmeter Wasser fließen jährlich durch den Stausee“, sagte Hudetz. Um die Zwischenräume im Basalt mit Wasser zu füllen, benötige der Vogelsberg die Schneeschmelze. Da aber die Winter in den letzten Jahren immer wärmer würden, laufe nicht mehr genügend Wasser in die Bodenzwischenräume in der Oberwaldzone. „Obwohl es in unserer Gegend viel regnet, kann das Grundwasser knapp sein, weil das Wasser zu schnell fließt“, ergänzte Hans-Georg Lippert. Laut Hudetz wurden im letzten Jahr mehrere Grundwassermessstellen am Stausee eingerichtet. Sie gäben auch Aufschluss über die Dichtigkeit des Bodens. Anhand des Bildes über den Inhalt eines Bohrkerns konnte man sehen, dass sich im Stauseeboden über einer 11 Meter langen Basaltschicht, die wasserdurchlässig ist, eine abdichtende Schlämmschicht aus Asche befindet.
Ein „Rundflug über den See“, ein Film, der vom Wasserverband Nidda zur Verfügung gestellt und von Hans-Georg Lippert vertont wurde, zeigte abschließend Aufnahmen vom Stausee „ohne Wasser“ während der Sanierungsarbeiten. Ein weiterer Dorf-Talk-Termin soll im nächsten Jahr folgen.
 

Kulturring Rainrod wird zehn

Von Elfriede Maresch

Der Kulturring Rainrod feiert sein zehnjähriges Jubiläum. Die Aktiven haben einen Ort geschaffen, an dem mehrere Generationen erfolgreich zusammenarbeiten. Ein Rückblick und eine Vorausschau.

RAINROD – Die Gruppe war schon aktiv, ehe sie offiziell gegründet wurde: Engagierte bereiteten sich schon Jahre zuvor auf das große Ortsjubiläum „750 Jahre Rainrod – Erste urkundliche Erwähnung 1261“ vor. Es gab einen losen Zusammenschluss „Feste vor dem Fest“, der auf Initiativen zurückgreifen und sie weiter entwickeln konnte. Das Maibaumstellen der Weihnachtsmarkt werden bis heute beibehalten. Manuela Voigt stellte historische Fotografien aus dem Ort für Ausstellungen zusammen. Auf einem Künstlermarkt stellten Kreative aus Ort und Region aus, das Nuss-Schippeln als Frühlingsevent wurde eingeführt. Das alles machte der Ortsbürgerschaft so viel Spaß, dass ein tragendes Forum entstehen sollte: 2009 wurde der Kulturring Rainrod gegründet.

Das Jubiläumsjahr bestand aus einer Reihe unvergessener Veranstaltungen: ein Gedenkstein wurde errichtet, ein Kirchenjubiläum war in das Festjahr integriert, es gab Straßentheater mit heiteren Szenen aus der Ortsgeschichte, eine Disco, einen großen Festabend, bei dem die einzelnen Ortsstraßen Themen wie „Hochzeit 1900“ darstellten, einen stehenden Festzug quer durchs ganze Dorf und ein abschließendes Feuerwerk. Eine Arbeitsgruppe machte sich auf historische Spurensuche und gab eine Ortschronik „Rainrod einst und jetzt“ heraus. Erfreulicherweise stand die nachwachsende Generation Rainrods nicht am Rand. Die Teenager und jungen Erwachsenen, meist im Jugendclub engagiert, packten bei den unzähligen Aufgaben, die solche großen Feste mit sich bringen, mit an. Dazu Hans Georg Lippert, selbst in Rainrod aufgewachsen und seit zehn Jahren Kulturrings-Vorsitzender: „Die Ideen, die Energie, die junge Leute einbringen, ist für unseren Ort unverzichtbar. So wächst die nächste Generation in die Verantwortung für den Lebensraum Rainrod hinein“.

 

Jugendliche packen mit an

Nach dem Jubiläum aus und vorbei? Den Kulturring-Aktiven war es ein wichtiges Anliegen, die Atmosphäre von Gemeinsamkeit und kreativen Veranstaltungen für den Ort fortzusetzen und immer wieder gelang es, Kooperationspartner zu finden. „Einfallsreich!“ kann man nur sagen, wenn Hans Georg Lippert und sein 23-jähriger Stellvertreter Paul Lakewand aus der Chronik der zehn Jahre berichten. 2012 gab es beim 2. Rainröder Kunsttreffpunkt von PC-Grafiken bis hin zu dekorativen Kleinplastiken aus Basalt viel zu sehen. Im selben Jahr ließ, gemeinsam organisiert vom örtlichen Männergesangsverein und dem Kulturring, die unterhaltsame Veranstaltung „Rainrod singt und musiziert“ das Grau eines Regensonntags vergessen. Zu einem Highlight für junge Leute hat sich seit 2013 die sommerliche Schaumparty auf dem Sportplatz entwickelt. Die Besucherzahl steigt von Jahr zu Jahr, für die Kinder gibt es ihr eigenes nasses Nachmittagsevent. Sie werden übrigens auch beim Maibaumstellen nicht vergessen, sondern hieven stolz ihr eigenes geschmücktes Bäumchen hoch und genießen auf dem Weihnachtsmarkt angenehmen Grusel bei einer Fackelwanderung.

2013 und 2015 führten Gabriele und Alexander Russ mit der heiter-musikalischen Revue „Himbeereis und flotte Käfer“ in die 50er und 60er Jahre. Mehrfach lockten die Fotoausstellungen von Rainrods „Bildarchivarin“ Manuela Voigt die Betrachter zurück in die Vergangenheit. Es gab Filmveranstaltungen mit den Aktiven des Filmclubs Hanau. Der Kulturring organisierte Kräuter- und Vogelstimmenwanderungen mit Führern, die viele Details des Naturraums zeigten. Bänke an Aussichtspunkten rund um den Ort wurden repariert, ein zentraler Ideenkasten aufgehängt. Im örtlichen Tegut-Geschäft lässt sich in einer Sitzecke, beim offenen Bücherschrank und einem Kaffee angenehm verweilen.

15 729 Euro in den Ort zurückgeflossen.“

Weil viele mithelfen, kann der Kulturring bei den Veranstaltungen Gewinne erzielen, mit denen Vorhaben von Kindergarten, Schule, Vereinen und initiativen unterstützt werden. Lippert: „Seit 2011 sind 15.729 Euro in den Ort zurückgeflossen.“ Und es geht weiter in Rainrod: im Frühling 2018 wurde die neue Gruppe „Naturschutzfreunde“ Mitglied im Kulturring. Das nächste Projekt: 14 Aktive werden mit ihren Objekten zu einem Kreativkreislauf am Wanderweg unterhalb des Stausees beitragen. Vielleicht die pfiffigste Idee: das Verlegen von Eisenbahnschienen, die an den Verlauf der alten Bahntrasse Nidda-Schotten in diesem Bereich erinnern. Am Sonntag, 15. September, wird bei einer gemeinsamen Jubiläumsfeier „140 Jahre Männergesangsverein, zehn Jahre Kulturring“ dieser Kreativpfad eröffnet. Am Samstag, 13. April, findet um 19.30 Uhr der erste Rainröder Dorf-Talk mit Talsperrenmeister Armin Hudetz statt. Das Thema heißt „Geschichten um die Niddatalsperre“. Dass auch ein technisches Bauwerk Lebensraum für viele Arten sein kann, ist dabei zu erfahren.